Kopfschmerzen / Migräne

  1. Name/Begriffserklärung
    • Migräne = rezidivierender, meist einseitig lokalisierter Kopfschmerz mit Begleitsymptomen
    • Spannungskopfschmerz = typischerweise bifrontaler, dumpf/drückender Kopfschmerz von leichter bis mäßige Intensität
    • Clusterkopfschmerz = streng einseitig lokalisierter, stechender oder bohrender Kopfschmerz höchster Intensität im Bereich um die Augenhöhle, der attackenartig auftritt (Dauer ca. 15-180 Min.)
  1. Beschreibung der Symptome
  • Migräne
    • Übelkeit, Erbrechen
    • Photophobie (Lichtempfindlichkeit)
    • Phonophobie (Lärmempfindlichkeit)
    • Ggf. Prodromi (Vorboten)
    • Auraphänomene (reversible fokale neurologische Ausfälle):
    • Gesichtsfeldausfälle, Augenflimmern
    • Lähmungen
    • depressive Komponente, Angststörungen
  • Spannungskopfschmerz
    • keine Verschlechterung durch körperliche Betätigung
    • i.d.R. keine Begleitsymptomatik 
  • Clusterkopfschmerz
    • häufig nachts
    • Auftreten in Clustern (mit bis zu 8 Attacken pro Tag)
    • Cluster hält ca. 1-2 Monate an, dazwischen befindet sich ein beschwerdefreies Intervall 
    • autonome Symptome (immer auf der Seite, wo der Kopfschmerz lokalisiert ist):
      • Tränenfluss
      • Ptosis (herabhängendes Lid)
      • Miosis (Engstellung der Pupille)
      • laufende Nase
      • Schwitzen
      • Gesichtsrötung
  1. Mögliche Ursachen
    • Pathophysiologie ist nicht eindeutig geklärt
      • Freisetzung von Botenstoffen, die zu einer Gefäßerweiterung führen
      • erhöhte Schmerzempfindlichkeit der Muskulatur durch Fehlbelastung mit
      • Daueraktivierung der Schmerzrezeptoren
    • begünstigende Faktoren:
      • Schwangerschaftsbedingte Erkrankungen: (Prä)Eklampsie
      • Hormonumstellung
      • Stress, Anspannung
      • schlechte Körperhaltung
      • Unterzuckerung
      • Dehydrierung
      • Schlafentzug
      • mangelnde Bewegung
      • ungesunde Ernährung
      • Sauerstoffmangel
      • Verzicht auf Koffein
  1. Verhaltensmaßnahmen & Hausapotheke
    • Yoga
    • Entspannung, Schlaf
    • viel Bewegung, am besten an der frischen Luft
    • ausreichende Flüssigkeitszufuhr
    • ausgewogene Ernährung, ggf. Snacks für zwischendurch
    • Akupunktur, Akupressur, Massagen
    • kühlende Kompressen
    • Pfefferminzöl
    • typische Auslöser vermeiden: Alkohol, Nikotin
    • Magnesium
    • bei Bedarf Schmerzmittel: Paracetamol (Mittel der 1. Wahl), alternative ASS (NICHT im 3. Trimenon)
    • NSAR, wenn Paracetamol nicht ausreichend ist oder bei Vorerkrankung der Leber (bevorzugt im 2. Trimenon) 
    • Sumatriptan bei einer Migräneattacke
  1. Wann sollte man den Arzt konsultieren?
    • bei therapie-resistenten Kopfschmerzen
    • vor Einnahme von Medikamenten

Kopfschmerzen und die Kopfschmerztherapie sind ein sehr wichtiges Thema in der Schwangerschaft. Einer Studie des Robert-Koch-Instituts aus 2020 zur Prävalenz von Kopfschmerzen zufolge, erfüllen fast 15% der Frauen und 6% der Männer die Kriterien für Migräne. Weitere 10% unter Frauen und 6,5% der Männer sind von Spannungskopfschmerzen betroffen. 

Die Migräne zählt damit, neben Diabetes, Bluthochdruck oder Arthrose, zu den Volkskrankheiten und geht mit hohen Kosten für das Gesundheitssystem einher. 

In der Schwangerschaft können grundsätzlich alle Arten von Kopfschmerzen eintreten. Man geht davon aus, dass 1/3 der Kopfschmerzen durch Migräne verursacht werden, 1/3 ist auf schwangerschaftsbedingte Erkrankungen, hier allen voran die Präeklampsie, zurückzuführen und 1/3 wegen Verspannungen und anderen Ursachen. 

In der Beschreibung findest du eine genaue Definition der unterschiedlichen Kopfschmerzarten. 

Wichtig zu wissen: Bei einem Migräneanfall hat man i.d.R. einen einseitigen Kopfschmerz, der vom Charakter her pulsierend oder pochend ist. Dieser wird häufig begleitet von Übelkeit oder Erbrechen, Appetitlosigkeit und Lärm-, Geruchs- und Lichtempfindlichkeit, die so extrem sein können, dass man sich über mehrere Stunden oder Tage in ein dunkles Zimmer zurückziehen möchte. Man reagiert in dieser Zeit sehr empfindlich auf alle Umweltreize. Viele Frauen kennen das, wenn ihre Menstruation einsetzt. 

Manche Menschen spüren, dass sich bald eine Migräneattacke anbahnt, da sich z.B. die Stimmung verändert, sie Heißhunger oder Appetitlosigkeit verspüren oder vermehrt Gähnen. Man bezeichnet diese Anzeichen als Prodromi. 

Davon abzugrenzen ist die Migräne mit Aura, die man früher auch als Migraine accompagnée genannt hat. Typische Auraphänomene sind Gesichtsfeldausfälle oder Augenflimmern, manche sehen sogar richtige Blitze. Es gibt Fälle, in denen zeitlich begrenzte Lähmungen erscheinen können. Auslösende Faktoren, sogenannte Trigger, sind Stress, Schlafmangel, Dehydratation, Unterzuckerung, Alkohol, Nikotin oder Reizüberflutung. 

Der Kopfschmerz vom Spannungstyp hingegen ist vom Schmerzcharakter eher dumpf und drückend und lokalisiert sich meist im Bereich der Stirn. Er kann sich aber auch diffus über den gesamten Schädel ausbreiten. Charakteristisch für den Spannungskopfschmerz ist, dass er sich nach körperlicher Betätigung bessert. I.d.R. bestehen keine Begleitsymptome wie bei der Migräne, außer vielleicht Übelkeit und Erbrechen. 

Wie bereits erwähnt: Kopfschmerzen in der Schwangerschaft können viele Auslöser haben. Die Pathophysiologie ist noch nicht genau verstanden. Man geht davon aus, dass es zu einer Gefäßerweiterung der Blutgefäße im Gehirn und der Hirnhäute kommt. Spannungskopfschmerz begründet sich auf eine erhöhte Schmerzsensibilität der entsprechenden Muskulatur aufgrund von langjähriger Fehlbelastung oder Überbeanspruchung. 

Eine eindeutige, alleinige Ursache kann oft nicht ausfindig gemacht werden. Es ist ein Zusammenspiel aus mehreren Faktoren, wie Stress oder Anspannung, die oft zu einer schlechten Körperhaltung führen. Jeder kennt das, sobald man Stress verspürt oder das Gefühl hat, die Kontrolle über den Stress oder eine stressige Situation zu verlieren, wird die Atmung flacher und man zieht die Schultern hoch. Wenn sich dazu noch Frustration aufbaut, nimmt die gesamte Körperspannung zu. 

Unterzuckerung, Dehydrierung, Schlafentzug oder die Kombination aus allem begünstigen das Auftreten von Kopfschmerzen. Dazu kommt noch mangelnde Bewegung, eine einseitige, ungesunde Ernährung und Sauerstoffmangel.

Plötzlicher Verzicht auf Koffein in der Schwangerschaft kann auch der Auslöser sein. 

Was kann man nun gegen Kopfschmerzen tun?

Zunächst empfehle ich dir nicht einfach zu einem Schmerzmittel zu greifen. Man weiß zwar heutzutage, dass eine Einnahme bestimmter Medikamente in der Schwangerschaft unbedenklich ist und sich nicht negativ auf dein Kind auswirkt. Dennoch würde ich versuche erst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen und deine Selbstheilungskräfte zu aktivieren. 

Auf der Yogamatte kannst du wirkungsvoll Stress und Anspannung abbauen. Du lernst, wie du mit Stress in deinem Alltag umgehst. Es gibt auch spezielle Yogaübungen, die den Nackenbereich entspannen.  

Umsorge dich und dein Kind gut. Ernähre dich vollwertig und ausreichend und trinke genug. 2-3 Liter am Tag. Blutzuckerschwankungen in der Schwangerschaft sind nichts seltenes. Also, sei vorbereitet. Habe immer ein paar Nüsse oder Obst als Notfallsnack in der Tasche dabei. Gönne dir ausreichend Ruhephasen und achte auf einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus. 

Gegen den „Kaffeeentzug“ kann man leider nicht viel tun. Ein Spaziergang an der frischen Luft in der Natur tut dir bestimmt sehr gut. 

Falls dich starke Kopfschmerzen quälen, solltest du auf deinen Körper hören. Wenn du das Bedürfnis hast, dich hinzulegen und kein Licht und Lärm verträgst, dann nimm dir diese Auszeit. Kühlende Kompressen auf der Stirn sind sehr angenehm. Pfefferminzöl kannst du dir vorsichtig auf die Schläfen einmassieren. Vielen schwören auch auf Magnesium.

Wenn all das nichts bringt, ist das Mittel der 1. Wahl Paracetamol. ASS oder NSAR, wie Ibuprofen kann man auch einnehmen. Dafür würde ich aber vorher mit einem Arzt sprechen, da die Einnahme dieser Medikamente nur bis zur 28. SSW zulässig ist.

Zur Prophylaxe empfehle ich dir Akupunktur. 

Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft unter Migräne litten, erleben häufig eine Besserung ihrer Beschwerden. Die Anzahl der Migräneattacken verringert sich häufig. Die Migräne kann in der Schwangerschaft sogar komplett verschwinden. Grund dafür ist die hormonelle Umstellung, die sich positiv auf die Migräne auswirken kann. 

In dringenden Fällen ist bei einem akuten Migräneanfall die Einnahme von Sumatriptan möglich. 

Eine Freude vertreibt hunderte von Sorgen.

Japanisches Sprichwort